September 13, 2013 / erstellt am:  December 5, 2013
Fotografie, Dokumentation, Bildbetrachtung, Hotel / Bewertung: 7

Wo man gerne verweilen möchte

Hotels zu fotografieren ist vordergründig reine Zweckfotografie. Es gilt das Vorhandene in Fotografien festzuhalten um potenzielle Gäste im Endeffekt davon zu überzeugen genau in diesem Hotel übernachten zu wollen. Dabei geht es darum zu zeigen, was das Hotel zu bieten hat und wie es aussieht. Die Fotografien werden unter anderem auf den verschiedenen Buchungsportalen im Internet verwendet.

Die Ansprüche an solche Fotografie scheinen nicht besonders hoch zu sein und dennoch überrascht es, wie wenig darauf geachtet wird. Erschreckend oft meinen gewisse Hoteliers, dass es genügt mit einer einfachen Handykamera das Haus, die Umgebung, die Räumlichkeiten und Zimmer zu fotografieren. Dementsprechend sehen die Ergebnisse aus, die wenig einladend wirken. Ich frage mich, ob die Hoteliers dies selber nicht erkennen können weil ihnen ein Minimum an ästhetischem Empfinden fehlt oder ob sie einfach das Geld für einen professionellen Fotografen sparen wollen. Andererseits gibt es auch Hoteliers, die Fotografien verwenden, die überinszeniert sind und damit ein Bild vortäuschen, wie es gar nicht existiert. Natürlich soll darauf geachtet werden, das Vorhandene möglichst vorteilhaft abzubilden, jedoch nichts Falsches vorzutäuschen. Der Gast würde dies bemerken und seinen Kommentar entsprechend im Internet verbreiten. Es versteht sich aber von selbst, dass zum Beispiel die Aussenaufnahme des Hotels an einem Schönwettertag gemacht wird und nicht wenn es regnet.

Die Meinung, dass die Verwendung eines Weitwinkelobjektivs bereits eine solch falsche Darstellung ist, teile ich nicht. Dadurch wirken die Zimmer nicht grösser, als sie tatsächlich sind. Der weitere Winkel, der abgebildet wird, entspricht eher unseren Sehgewohnheiten und unserm natürlichen Blickfeld von ungefähr 150 Grad, auch wenn wir nur gerade 1.5 Grad wirklich scharf sehen können. Das Problem bei Weitwinkelaufnahmen ist eher die Verzerrung (Verzeichnung) an den Rändern (auch bei den qualitativ hochwertigsten Objektiven), die nachträglich korrigiert werden muss. Weiter versuche ich stürzende Linien zu vermeiden und achte darauf, dass gerade Linien sowohl horizontale, wie vertikale wirklich gerade sind. Dies erfordert zwangsläufig einen Mehraufwand in der Nachbearbeitung, der sich jedoch lohnt. Für die Nachbearbeitung rechne ich mit dem doppelten Zeitaufwand, als für das Fotografieren selber.

Keine Kamera bzw. kein Bildsensor schafft es Innenräume und Aussenräume, die zum Beispiel durch ein Fenster ersichtlich sind, mit derselben Blenden- und Verschlusszeiteinstellung gleichwertig abzubilden (Dynamikumfang). Ist der Innenraum richtig belichtet, ist der Aussenraum überbelichtet, zu hell. Oder ist der Aussenraum richtig belichtet, erscheint der Innenraum unterbelichtet, also zu dunkel. Ähnlich wie bei der HDR-Fotografie (High Dynamic Range Image) verwende ich oft eine Belichtungsreihe, die ich dann nachträglich zu einer Fotografie zusammenfüge. Allerdings wirken HDR-Fotografien immer etwas unnatürlich. Deshalb verwende ich keine HDR-Software, sondern füge die Belichtungsreihen nach persönlichem Gutdünken manuell zusammen, was wiederum eher zeitaufwändig ist.

Bei Detailaufnahmen (ohne Weitwinkelobjektiv) kann ich zum Beispiel mit Schärfe und Unschärfe spielen und besonders gut die Atmosphäre eines Hotels einfangen. Auch wenn diese Fotografien nicht dem Zweck dienen, das Hotel und seine Räumlichkeiten zu zeigen, runden sie das Bild wie bei einer dokumentarischen Reportage ab. Auch wenn das Hotelpersonal zum Beispiel saisonalbedingt immer wieder ändern kann, finde ich es sympathisch sie auf einigen Fotografien miteinzubeziehen, sofern sie bereit sind mitzumachen. Ein Hotel besteht nicht nur aus dem Gebäude und den Räumlichkeiten sondern auch aus den Personen, die hier arbeiten. Ich habe auch schon anwesende Gäste gefragt, ob sie nichts dagegen haben, wenn ich sie fotografiere. Es geht ja nicht darum, dass man sie erkennt, sondern dass sie die Fotografie beleben. Hingegen verzichte ich auf Fotomodels, die Gäste simulieren, weil dies oft zu gestellt und kitschig wirkt.

Wie so oft bei der Fotografie, bleibt sie ein Versuch, das Vorhandene abbilden zu wollen und kann nie den persönlichen Eindruck, den man vor Ort gewinnt, ersetzen.
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