July 7, 2012 / erstellt am:  July 7, 2012
aufgefallen, gefallen, Sprache, Wortschöpfung, Modewort

Eine neue Wortschöpfung oder nur ein Modewort?

Kürzlich aufgefallen. Ein neues Modewort. Oder eine neue Wortschöpfung, die zum Modewort werden kann. Irgendwo während dem Herumsurfen im Internet und beinahe gleichzeitig in der Kolumne von Michèle Roten im «Magazin» gelesen. Sie schreibt: «Frauen haben imfall auch Abgründe und so, was Sex angeht, genau wie Männer. Imfall. Und Sex bedeutet Frauen imfall auch was.» Abgesehen vom Inhalt kommt es in diesem kurzen Textausschnitt drei Mal vor. Also kein Unfall, sondern Absicht. Nichts Neues an und für sich, nur neu geschrieben: in einem Wort statt in zwei Wörtern. Es ist auch ein Online-Shop für junge Mode (www.imfall.ch), aber damit hat dies wohl nichts zu tun.

Aber was hat diese neue Wortschöpfung zu bedeuten? Mit anderen Worten umschreiben oder erklären, was es bedeutet, gelingt kaum. Ein schwieriger Fall. Der Duden kennt dieses Wort nicht, jedenfalls nicht in einem Wort geschrieben und in zwei Wörtern geschrieben wäre es schlichtweg falsch oder würde keinen Sinn ergeben, weil es eine andere Bedeutung hätte. Wenn man im erwähnten Textausschnitt versucht das Wort zu ersetzen, scheint es kein wirkliches Synonym zu geben. Erhält es dadurch seine Berechtigung? «Übrigens» wäre zu beiläufig, zu unbestimmt, zu nebensächlich. Dabei soll die Aussage gerade dadurch betont werden. So ist es und nicht anders. Man könnte es auch weglassen. Ein überflüssiges Füllwort also. Aber dabei würde diese Pointiertheit verloren gehen.

Es wirkt der gesprochenen Sprache, also dem Dialekt entlehnt, wahrscheinlich «Züritüütsch». Die typisch überhebliche Klugscheisserei schwingt dabei mit. So ist es imfall und nicht anders. Wahrscheinlich entstehen neue Wortschöpfungen eher in der gesprochenen Sprache als in der geschriebenen. Gesagt ist etwas schneller als geschrieben. Aber erst wenn es in geschriebener Form sich wiederholt und Verbreitung findet, wird es zu einem neuen Modewort. Ähnlich wie das jeweils bestimmte «Wort und Unwort des Jahres».

So wie man es als Füllwort weglassen kann, kann man es praktisch auch in jedem Satz einbauen: Es regnet imfall schon seit Tagen. Der Sommer ist imfall auch nicht mehr, was er einmal war. Zu häufig verwendet, verliert es jedoch seine Wirkung oder wirkt lächerlich oder zu umgangssprachlich. Wenn man alles betonen will, ist plötzlich nichts mehr betont.

Ob es sich etablieren und in unserem Wortschaft verankern wird oder ein vergängliches Modewort bleibt, wird sich zeigen. In der folgenden Kolumne von Michèle Roten ist es imfall wieder aufgetaucht.
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