October 12, 2013 / erstellt am:  October 13, 2013
aufgefallen, gefallen, Literatur, Buch

Eine Geschichte über Jugendliche, die erwachsene Sehnsüchte weckt

Wenn ein Erwachsener aus der Perspektive eines Jugendlichen schreibt, kann es schnell peinlich werden, weil der Erwachsene gar nicht mehr weiss, wie ein Jugendlicher denken und schreiben würde. Beim Roman «tschick» von Wolfgang Herrndorf ist dies jedoch nicht der Fall oder seine Vorstellungen, wie ein Jugendlicher von 14 Jahren denkt und schreibt, entspricht in etwa meinen Vorstellungen, wie ein Jugendlicher denken oder schreiben würde. Sich in die Denk- und Ausdrucksweise eines Jugendlichen hineinzuversetzen, stelle ich mir schwierig vor. Schnell kann es kindisch oder anbiedernd wirken, was peinlich wäre oder aber zu erwachsen, was unglaubwürdig wäre. Diese jugendliche Perspektive ist sehr amüsant zu lesen, weil sie gar nicht witzig sein will, sondern einfach nur den Alltag und eine aussergewöhnliche Abenteuergeschichte aus den Augen eines 14-Jährigen beschreibt. Gut möglich, dass ein Jugendlicher anders darüber urteilt, weil nur er es besser weiss. Gut möglich, dass die Sprache in zehn bis zwanzig Jahren bereits wieder veraltet wirkt.

Wenn ein Roman aus der Sichtweise eines Jugendlichen geschrieben wird, heisst dies nicht, dass es für Jugendliche gedacht ist. Ob ein 14-Jähriger die Geschichte auch interessant und witzig finden würde, mag ich zu bezweifeln. Aber Wolfgang Herrndorf behauptet ja nicht einen Jugendroman geschrieben zu haben, auch wenn das Buch in der Jugendbuchabteilung der Buchhandlung zu finden ist. Dennoch wird der Roman angeblich als Schullektüre verwendet. Wenn ich mir vorstelle, dass die Schülerinnen und Schüler gezwungen werden dieses Buch zu lesen und dann Fragen dazu zu beantworten, widerspricht dies der Aussage der Geschichte, welche die Schule eher als notwendiges Übel beschreibt.

Nur so viel zum Inhalt: Ein eher unauffälliger Schüler aus Berlin erzählt die Geschichte, wie er zusammen mit einem neuen Schulkollegen in den Sommerferien in einem geklauten Auto mehr oder weniger ziellos durch die ostdeutsche Provinz fährt und so einiges dabei erlebt. Wie er darüber denkt, wie er das Erlebte verarbeitet und erzählt ist dabei wichtiger, als die Geschichte selber.

Lange ist es her, dass ich ein Buch in einem Zug durchgelesen habe. Ohne Unterbrechung und ohne Pausen. Gefesselt von der Sprache und der Geschichte. Es ist keine hohe Literatur, aber gute Unterhaltung. Wie immer sind die Kritiken im Internet gespalten. Von begeistert bis gelangweilt. Literatur bleibt eben doch Geschmackssache.
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