April 13, 2010 / erstellt am:  April 14, 2010
aufgefallen, gelesen, Buch, Lektüre, Literatur

Von Wohlfühlliteratur und Vorurteilen

Dieses Buch zählt wahrscheinlich nicht zur hohen Literatur. Aber es las sich extrem flüssig, war spannend, unterhaltsam, teilweise lustig, anregend und ich wollte permanent wissen, wie es weiter ging. Ein bisschen Wohlfühlliteratur. Genau das, was ich zur Zeit gebrauchen konnte.

Seltsam nur, dass ich diesen Martin Suter, der zur Zeit zu den wohl erfolgreichsten Schweizer Schriftstellern gehört und dementsprechend oft in den Medien erscheint, ziemlich unsympathisch finde. So ein schleimiger Zürcher mit Werbeagentur-Allüren und Besserwisser-Attitüde (Er war tatsächlich Creative Director und Werbetexter bei einer Werbeagentur). Ich tue ihm also Unrecht, weil sein Schreibstil nichts von dem Bild, das ich von ihm hatte, widerspiegelt. Eher im Gegeteil. Er schreibt sehr ehrlich und mehr oder weniger glaubwürdig und macht es dem Lesenden einfach und nicht bewusst schwierig. Immer bleibt er konsequent sachlich und nüchtern, manchmal auch etwas spröde, was ich dem schwülstigen Barock jedoch vorziehe. So ist das mit Vorurteilen. Ich bin aber gerne bereit sie zu revidieren.

«Lila, Lila» liest sich wie ein Drehbuch für einen Film. Es wurde kürzlich verfilmt und lief in den Kinos. Die Geschichte entwickelt sich meistens chronologisch, ohne Zeitsprünge. Nur bei Perspektivenwechsel gibt es zeitliche Rückblenden, die man aber ohne weiteres nachvollziehen kann. Man mag die Geschichte für unglaubwürdig halten, aber wenn man sich darauf einlässt, wird man in seinen Bann gezogen. Die wachsende Spannung wird durch das entstehende Lügenkonstrukt des Antihelden erzeugt, bei dem man früher oder später erwartet, dass es zusammenfallen muss, wie ein Kartenhaus. Es ist zwar eine streng konstruierte Geschichte, wirkt aber voll aus dem Leben gegriffen. Sie handelt von einfachen Menschen, die vor allem durch ihre Handlungen und weniger durch ihre Gedanken charakterisiert und beschrieben werden. Ebenso schön sind dem Autoren einige prägnante Sätze geglückt, die eine Handlung knapp zusammenfassen wie zum Beispiel der Folgende: «Eine Stunde und dreihundert Franken später stieg David vor seiner Wohnung aus einem Taxi.»
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