May 14, 2016 / erstellt am:  May 14, 2016
aufgefallen, gefallen, Fotografie

Old School With A Modern Twist

Ich vermute, die Verfechter analoger Fotografie haben Angst vor der digitalen Entwicklung, weil dadurch plötzlich alles möglich wird, was analog noch unmöglich war. Der einzige Vorteil analoger Fotografie ist die problemlosere Vergrösserung beim Ausdruck. Ansonsten hat digitale Fotografie nur Vorteile oder unterscheidet sich kaum zu analoger Fotografie. Insofern finde ich die Diskussion müssig, was nun besser sei.

Der in New York lebende Fotograf Rodney Smith (geboren 1947) gehört noch zur alten Garde. In seiner langen Karriere hat er immer nur analog fotografiert und hauptsächlich schwarz-weiss. Nicht jede Veränderung sei eine Verbesserung, sagt er.

Aber eigentlich geht es nicht um dieses technische Geschwafel, was in der Fotografie so beliebt ist. Mir ist egal, ob eine Fotografie analog oder digital aufgenommen wurde. Mich interessieren die Bildinhalte, die Bildkomposition und die Bildaussage. Es gibt Fotografien, die mich berühren, ohne genau erklären zu können warum. Und es gibt ganz viele Fotografien, die mich kalt lassen. Bei Rodney Smith ist es bestimmt sein Humor, der in vielen Aufnahmen mitschwingt, der mich berührt. Dabei sei das Humoristische nie beabsichtigt gewesen, sondern nur beiläufig entstanden, was ich nicht so recht glauben kann. Da seine Fotografien doch immer sehr inszeniert wirken. Den richtigen Ort zum Fotografieren zu finden, sei das Geheimnis seiner Fotografie.

Seine Fotografien seien zeitlos, was ich überhaupt nicht finde. Jede Fotografie von Rodney Smith strahlt etwas Nostalgisches aus. Und Nostalgisches kann nicht zeitlos sein. Vielleicht liegt es an der Bekleidung seiner abgebildeten Personen. Die Herren immer im adretten Anzug und meistens mit Hut. Die Frauen in eleganten Kleidern.

«Ich möchte zeigen, dass es eine gewisse Anmut und Eleganz in der Welt gibt. Und auch einen Sinn für Humor. Meine Bilder wollen genau dies zeigen. Ich denke die meiste zeitgenössische Fotografie ist sehr nihilistisch und leidenschaftslos. Und alle denken es sei cool, so zu sein. Die meisten Kunstkritiker unterstützen diese Sichtweise und bezeichnen sie als neu und originell. Ich finde das falsch. Mit meiner Fotografie versuche ich das Leben zu bejahen.» (Quelle)

Ich finde beide Betrachtungsweisen haben ihre Berechtigung. Stelle jedoch auch fest, dass in der heutigen Kunst, auf der Suche nach neuen Bildern und Ausdrucksweisen, das Schöne und Lebensbejahende eher einen schweren Stand hat, weil es eben schon so oft gezeigt wurde und ins Kitschige abdriften kann. Gut möglich, dass seine Fotografien unter Kitschverdacht stehen, gerade weil sie das Schöne anstreben. Das Humorvolle hilft jedoch, diesen Kitschverdacht zu widerlegen.

Als Schuljunge besuchte er die permanente Sammlung im Museum of Modern Art (MoMA). Er sah Fotografien von Gene Smith, Minor White und Dorothea Lange und sagte sich: Das kann ich auch. Aber zuerst studierte er Englische Literatur und Theologie an der University of Virginia in Charlottesville. Seinen Master in Theologie machte er an der Yale Universität in New Haven, wo er auch Fotografiekurse bei Walker Evans belegte. Nach seinem Studium ging er für 100 Tage nach Jerusalem um die Menschen im heiligen Land zu fotografieren. Aus 88 Filmrollen entstand sein erstes Buch: «In the Land of the Light: Israel, a Portrait of its People» (1983). Weitere Bücher und eine erfolgreiche Karriere als Fotograf mit zahlreichen Auszeichnungen folgten.

«Mein Vater war ein Geschäftsmann im Modebereich. In diesem Business geht es nur um die äussere Erscheinung. So wuchs ich in einer Familie auf, wo sich alles darum drehte, wie es aussieht. Ein Sinn für Stil, für Proportionen, für Schönheit und Eleganz waren wichtig. Ich denke, das hat mich geprägt.» (Quelle)

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