January 15, 2019 / erstellt am:  January 16, 2019
aufgefallen, gefallen, Fotografie, Kunst

Zwischen analog und digital

Auf den ersten Blick sehen die grossen Fotografien aus, als ob sie digital auf dem Computer entstanden sind. Copy and Paste. Man erkennt eine Dreidimensionalität von Objekten. Es sind Gegenstände, die ihrem ursprünglichen Verwendungszweck entfremdet und zum Gestaltungselement wurden. Erst auf den zweiten Blick erkennt man in der Wiederholung kleine Abweichungen, die durch die perspektivische Verjüngung im Raum entstehen. Die Gegenstände wurden von Hand immer gleich auf dem Boden zu einem grossen Muster angeordnet. Darum sind es industriell hergestellte Gegenstände, die identisch aussehen. Nur so ist eine Wiederholung möglich. Diese dreidimensionalen Muster sind Grundlage für zweidimensionale Fotografien. Der Künstler lässt beides gelten, sowohl die räumliche Auslegeordnung als Skulptur wie die Abbildung davon als Fotografie.

«So verbinden seine Patterns über die Medienwechsel die unterschiedlichen Genres mit den unterschiedlichen Gesetzmässigkeiten und Wertungen, die sie in der europäischen Kunsttradition mit sich tragen. Die synthetische Objektakkumulation der Installation – in einer Tradition von Pop Art und Nouveau Réalisme – überlagert sich mit dem mimetisch detailgetreuen, perspektivisch verkürzten Bildraum der Fotografie und der abstrakten Welt des Ornamentes mit seinen austarierten Farb- und Formkompositionen; je nach Standpunkt und kulturellem Hintergrund ein Weg von „low“ zu „high“ zu „los“.» (von Kunsthistoriker Andreas Münch, Bundesamt für Kultur)

Der Genfer Künstler Hervé Graumann gilt als Pionier digitaler Meidenkunst. Bei seinen «Pattern» spielt er mit unserer Wahrnehmung, die je länger desto mehr vom Digitalen geprägt wird. Sehen wir ein Bild eines regelmässigen Musters, gehen wir davon aus, dass es am Computer entstanden ist. Copy and Paste. Erst bei genauerem Hinschauen erkennen wir unseren Irrtum. Wahrscheinlich ist es dieser Aha-Effekt, der mich fasziniert. Oder ich lasse mich ähnlich wie bei Andy Warhol durch die Wiederholung und die Farbigkeit verführen.

Auch wenn man in die ausgewählten Gegenstände irgendwelche assoziativen Verbindungen hineininterpretieren könnte, geht es hier um eine rein formale Spielerei. Farbe und Form ohne inhaltliche Bedeutung oder Botschaft, was nur in der Kunst möglich ist. Diese Reduktion auf das rein Formale wirkt wohltuend im ansonsten oft bedeutungsschwangeren Kunstbetrieb. Graumann arbeitet in Serien und bei den «Pattern» besteht die Gefahr der Repetition des Repetitiven. Die Gegenstände und die Muster ändern sich, aber das Prinzip bleibt stets das selbe. Aber dennoch gefallen mir seine Bilder und vor allem seine Idee dahinter.

www.graumann.net
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