September 21, 2014 / erstellt am: September 21, 2014 aufgefallen, gefallen, Buch, Literatur Kastelau - eine DokufiktionWeil es so tut, als ob es eine Dokumentation einer wahren Geschichte ist, möchte man natürlich gerne wissen, was nun wahr und was erfunden ist im Roman «Kastelau» von Charles Lewinsky. Im Winter 1944 zieht ein Filmteam der UFA ins bayerische Alpendorf Kastelau um einen vermeintlich kriegswichtigen Film zu drehen und um der vom Untergang bedrohten Hauptstadt Berlin zu entfliehen – um zu überleben. Alles ist erfunden. Die Protagonisten sind erfunden, auch wenn es gewisse Parallelen oder Anspielungen zu echten Figuren gibt. Auch der Ort Kastelau gibt oder gab es nicht wirklich. Angeblich soll es eine solche Filmcrew gegeben haben, wie Erich Kästner in einem Tagebuch schreibt und Charles Lewinsky zu diesem Roman inspirierte – aber eben nur inspirierte. Ebenso erfunden sind die Interviewtranskripte, Tagebucheinträge, Fussnoten und Wikipedia-Einträge, aus denen der Roman raffiniert zusammengesetzt ist und so tut, als ob es eine wahre Dokumentation wäre.Es sei eine Geschichte übers Lügen und so blufft uns der Autor eine Realität vor, wie sie gar nie existierte. Dies sei jedoch in jedem Roman der Fall, der glaubwürdig erscheinen will. Es sei eben kein historischer Roman sondern nur ein Roman in einer historischen Zeit, sagt Lewinsky in einem Interview. Aus verschiedenen Perspektiven wird in verschiedenen Stilen dieselbe Geschichte erzählt, so dass der Leser wiederum seine eigene Geschichte konstruieren kann. Was kompliziert tönt, ist relativ einfach zu lesen, da es nie darum geht, für Verwirrung zu sorgen, sondern im Gegenteil um Klarheit zu schaffen. Ein raffiniert konstruierter Roman, sprachlich brillant geschrieben und trotz aller Dramatik sehr unterhaltsam zu lesen. Zum ersten Mal habe ich ein Buch gelesen, bevor es im Literaturclub im Schweizer Fernsehen besprochen wird. Am 30. September 2014 sprechen Nicola Steiner, Christine Lötscher, Julian Schütt und Philipp Tingler unter anderen über diesen neuen Roman von Charles Lewinsky. |