May 25, 2009 / erstellt am:  June 1, 2009
aufgefallen, Buch, Literatur, Architektur

Von der Kunst, daheim zu Hause zu sein

Unterhaltsam offenbart uns der gebildete Autor Alain de Botton im Buch «Glück und Architektur» seine zum Teil überraschenden Gedanken zur Wirkung von Architektur und Schönheit im Allgemeinen, gespickt mit etlichem Bildmaterial und überraschenden Anekdoten aus der Geschichte der Menschheit (wenn sie nicht stimmen, sind sie gut erfunden!)

Es gelingt ihm viele Binsenweisheiten in neuem Licht erscheinen zu lassen oder mit einer Leichtigkeit Behauptungen unbegründet stehen zu lassen. Seine geschliffene und dennoch leicht verständliche Sprache lassen die Vermutung eines verwöhnten Schöngeistes oder gepflegten Plauderers aufkommen. Dabei geht es doch um Philosophisches. Gültige Antworten weiß auch Alain de Botton nicht. Aber er macht klar, wie wenig wir von dem wissen, was uns prägend umgibt.

«Der Philosoph als schamloser Dilettant im Reich der Baukunst, so macht er sich auf, um über die Ideale des Daheimseins nachzudenken, über sprechende Gebäude und den Stil, in welchem gebaut werden soll.» (NZZ, Ingo Flothen)

Einige Sätze aus dem Buch, die mir aufgefallen sind:
- Ordnung erfreut uns, wenn wir sehen, dass sie mit Komplexität einher geht und nicht einfach nur fantasielose Wiederholung ist.
- Architektur erscheine als Spiegel und Stimulanz des menschlichen Lebens, Denkens und Tuns.
- Architektur ist die Kunstform, von der wir am meisten umgeben sind. Gleichzeitig aber auch die Kunstform, von der die Leute am wenigsten wissen. In der Schule erfährt man etwas über Literatur und Malerei, aber nichts über Architektur. Dabei wäre sie am wichtigsten, denn sie wirkt sich auf jeden aus.
- In sterilen und hässlichen Massenbauten - überall in der Welt - wohnen Menschen, die das Glück auf ihre Weise suchen. Im Kitsch, im Plüsch finden sie Trost.
- Letzten Endes mögen wir es nämlich nicht, immerzu überrascht zu werden.
- Wir sollten uns in Erinnerung rufen, das sich alles, was gebaut wurde, auch verändern lässt. Denn auch Geschmack lässt sich erfinden, erziehen – und ändern.
-Wir sollten endlich einsehen, dass sich die Frage nach dem, was schön ist, ebenso wenig klären lässt, wie es beschämend, ja sogar undemokratisch ist, sie überhaupt stellen zu wollen.
- Zweifel sind allerdings angebracht, ob sich die Mühsal guten Bauens lohnt, da noch die edelste Architektur weniger für uns zu tun vermag als eine Siesta oder ein Aspirin, und die großartigsten Bauwerke Tyrannen und Mördern Unterschlupf boten.
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