December 29, 2012 / erstellt am:  December 29, 2012
aufgefallen, gefallen, Kunst, Fotografie

Andrea Galvani - Wie Fotografie Kunst wird

Schon längst braucht sich die Fotografie um die Anerkennung als vollwertige Kunstform nicht mehr zu bemühen. Wer jedoch Fotografie als Kunst betreiben will, dem sei empfohlen folgende Ratschläge zu beachten:
Fotografiere viel aber zeige nur das Wenigste. Beherrsche deine Kamera und nicht sie dich. Fotografiere zu einem bestimmten Thema und nenne es Projekt. Gib deinen Projekten einen bedeutungsschwangeren Titel ohne sie erklären zu wollen. Fotografiere, was bisher noch nicht fotografiert wurde. Suche und finde deine eigene Bildsprache. Unschärfe alleine genügt noch nicht für eine künstlerisch wertvolle Fotografie. Zeige deine Fotografien nur in renommierten Galerien und Museen, falls du überhaupt die Gelegenheit dazu erhältst. Lasse eine ambitionierte Kunsthistorikerin über deine Arbeit einen klugen Text schreiben. Nur so kannst du dich von der Masse abheben, aus der Bilderflut hervortreten und dir einen Namen als Kunstfotografen schaffen.

Es scheint als ob Andrea Galvani all diese Ratschläge befolgt hätte. Der italienische Künstler und Fotograf zeigt nur eine limitierte Auswahl der besten Fotografien seiner Projekte. Natürlich überlegt er sich ganz viel bei seinen oft surreal wirkenden Bildkompositionen. Was jedoch zählt, ist nur das Ergebnis – die Fotografie, da sich abgesehen von paar wenigen Kunsthistorikerinnen sowieso niemand die Mühe nimmt die Idee dahinter verstehen zu wollen. Der immensen Bilderflut trotzend, schafft er es tatsächlich, Fotografien zu zeigen, die zumindest ich noch nie auf diese Art und Weise vorher gesehen habe. Durch die reduzierte Bildsprache und Konzentration auf die wesentliche Idee werden sie besonders einprägsam. Weniger einprägsam und weniger aufschlussreich sind hingegen die Titel seiner Arbeiten: «A few invisible sculptures», «Higgs Ocean», «Deconstruction of a mountain», «Death of an image», «The wall of sound» oder «The Intelligence of Evil». Aber dies kann mir ja die Kunsthistorikerin erklären, wenn sie über eine der vielen Ausstellungen seiner Arbeiten berichtet.

Andrea Galvani wurde 1973 in Verona, Italien geboren. Von 2006-2009 lehrte er zeitgenössische Fotografie an der Accademia Carrara di Belle Arti in Bergamo. Im vergangenen Jahr wurde der Fotograf mit dem Exposure Grand Prize Award ausgezeichnet. Heute lebt und arbeitet Galvani in Brooklyn, New York. Seit 2004 werden seine Arbeiten international ausgestellt, unter vielen anderen im Whitney Museum in New York oder an der Moscow Biennale for Contemporary Art.

Zu klar komponiert sind seine Bilder, dass sie nur Dokumentation einer konzeptuellen Recherche sein sollen. Mit zum Teil wissenschaftlichen Methoden erforscht er seine Umwelt, getrieben von einer unstillbaren Neugier. Neben der Fotografie verwendet er auch Zeichnungen, Tonaufnahmen oder Gerüche um zum Beispiel Eisbären in der Arktis anzulocken. Seine konzeptuellen Recherchen bringen ihn auf seine absurden Ideen, wobei absurd durchaus positiv gemeint ist. Dass er sich mit seiner Arbeit zwischen Kunst und Wissenschaft bewegt, ist weniger relevant, da weniger die wissenschaftliche Erkenntnis als der künstlerische Output zählt.

Als surreal, absurd und skurril werden die Fotografien von Andrea Galvani bezeichnet. Wobei zum Beispiel die leuchtenden Katzenaugen in der Nacht sehr real sind und es ein unglaublicher Glücksmoment gewesen sein muss, diesen Moment fotografisch festhalten zu können. Auch wenn immer wieder Tiere in seiner Arbeit auftauchen, würde man ihn nicht als Tierfotografen bezeichnen.

Noch hat Andrea Galvani es nicht auf die Liste der bedeutendsten Fotografen geschafft. Allerdings ist diese Liste wie alles auf Wikipedia mit Vorsicht zu geniessen. Darum behalte ich ihn lieber auf meiner persönlichen Favoritenliste und bin gespannt, was von ihm zukünftig noch zu sehen sein wird.
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