October 1, 2011 / erstellt am:  October 1, 2011
Gedanken, Politik, Wahlen, Meinungsbildung

Farbe bekennen

Im flüchtigen Vorbeigehen sieht man nur eine Abbildung eines Kopfes und schnappt vielleicht noch ein Schlagwort oder bestenfalls ein politisches Statement auf. Neben den Plakatwänden sind auch alle Zeitungen und Briefkästen voll mit politischer Werbung und das Fernsehen bemüht sich die Bevölkerung für Politik im allgemeinen und die bevorstehenden National- und Ständeratswahlen im speziellen zu sensibilisieren. Eine omnipräsente Berieselung bis zum Überdruss oder bis zur Orientierungslosigkeit. Welche politischen Vertreter soll man wählen? Welcher politischen Partei fühlt man sich nahe? Welche Kandidatinnen und Kandidaten denken gleich oder ähnlich in politischen Fragen? Bald schon liegt das dicke Couvert mit den Wahlunterlagen im Briefkasten und es beginnt die Qual der Wahl.

Es gilt Farbe zu bekennen. Der Fragebogen auf www.smartevote.ch zwingt einen Stellung zu beziehen. Für oder gegen etwas zu sein. Beim Ausfüllen des Fragebogens ertappe ich mich, dass ich bei vielen Fragen eigentlich gar keine Ahnung habe. Habe ich den eine Meinung zum Milchmarkt, einem Agrarfreihandelsabkommen mit der EU oder dem Gentechmoratorium? Kenne ich bei jeder Frage die Pros und Kontras, so dass ich mir eine eigene Meinung bilden kann, das heisst, so dass ich mich für eine klare Beantwortung entscheiden kann? Noch wenn ich die Zusatzinformationen, welche die Fragen erläutern, lese, habe ich nicht das Gefühl genügend Kenntnisse zu haben um die Fragen eindeutig beantworten zu können.

Dennoch ist www.smartvote.ch eine Wahlhilfe. Nach Beantwortung aller Fragen erscheint eine Wahlempfehlung. Was hat es aber zu bedeuten, wenn einem die Parteilosen (mit 70% Übereinstimmung) empfohlen werden? Widerspiegelt dies genau diese Unkenntnis bei der Beantwortung des Fragenkatalogs? Passe ich nicht ins klassische Parteiensystem zwischen links und rechts oder bin ich einfach nur politisch profillos? Wer sich nicht entscheiden kann, wählt parteilos oder wählt gar nicht. Was soll ich tun? Den Wahlzettel nach Gefallen oder Nichtgefallen der Fotografien in den Wahlunterlagen ausfüllen? Oder tatsächlich die Parteilosen wählen, was einer Verschwendung der eigenen Stimme gleich kommt?

Noch habe ich etwas Zeit mich zu entscheiden bis zu den Parlamentswahlen. Sehr wahrscheinlich werden schlussendlich eine Mischung aus persönlichen Vorlieben, Wahlpropaganda, smartvote und meine persönliche Tagesstimmung meinen Wahlentscheid beeinflussen. Dies ist zwar schon wieder so eine undifferenzierte Haltung, entspricht mir aber wohl am ehesten. Es ist nicht einfach Farbe zu bekennen.
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