July 25, 2009 / erstellt am:  July 25, 2009
Gedanken, Selbsterkenntnis, Angst

Das permanente, diffuse Angstgefühl

Ich wollte immer schon mal mir einige Gedanken zum Thema Angst machen und diese aufschreiben, in der Hoffnung, dass ich so die Angst besser begreife und sie sich dadurch vielleicht etwas verringert. Es geht nicht um eine konkrete Angst, wie zum Beispiel Flugangst, oder Angst vor Spinnen oder die Angst zu sterben. Es geht viel mehr um dieses permanente, eher diffuse Angstgefühl, welches mich ständig begleitet. Am Morgen mehr, als am Abend, ist mir aufgefallen. Ist es die Angst, den Tag nicht gut überstehen zu können? Oder ist es die Angst vor dem Ungewissen, obwohl mein Leben normalerweise in relativ ruhigen Bahnen verläuft und wenig Unvorhergesehenes eintrifft. Oder ist es die Angst vor der Angst? Diese diffuse Angst ist kein grosses Problem für mich, sie lähmt mich nicht oder schränkt mich nicht ein oder zeigt auch sonst keine anderen Angstsymptome. Aber sie ist stets vorhanden, wie ein treuer Begleiter und ich frage mich, was das soll. Vielleicht ist der Begriff «Angst» auch zu stark dafür. Aber mir fällt dazu kein anderes Wort ein.

Sich Ängste eingestehen ist eher unangenehm und man schämt sich Ängste zuzugeben. Wer Angst zugibt, gilt als schwach und wer will schon schwach sein. Dabei sollte gerade das Gegenteil der Fall sein. Es sollte eine Stärke sein, wenn man Ängste zugeben kann, weil es von Selbstreflexion und Fähigkeit zur Selbsterkenntnis zeugt. Ängste kennen wir alle. Wer behauptet, Angst nicht zu kennen, lügt oder ist zumindest nicht ehrlich. Angst ist ein menschliches Grundgefühl (neben Trauer, Wut, Scham, Liebe und Freude). Angst kann ein Schutzmechanismus sein, der uns vor gefährlichen Situationen bewahrt. Angst kann aber auch Motivation und Motor sein, dass wir überhaupt handeln und uns bewegen.

http://de.wikipedia.org/wiki/Angst:
Die antike Stoa sah wie die Epikureer Angst als künstliche Emotion an, der mit Gelassenheit (Ataraxie) zu begegnen sei. Für Augustinus war die Angst das Gefühl, welches durch das Getrenntsein von Gott entsteht. Es lässt sich nur durch den Glauben wieder aufheben. Nach Georg Wilhelm Friedrich Hegel gehörte Angst zum notwendigen Übergang auf dem Weg des Bewusstseins zum Selbstbewusstsein. Die Überwindung der Angst wird durch Arbeit vollzogen. Soren Kierkegaard unterschied erstmals die ungerichtete Angst von der auf einen Gegenstand bezogenen Furcht. Für ihn war Angst die Angst vor dem Nichts und mithin der Ausdruck der menschlichen Wahlfreiheit und Selbstverantwortlichkeit. Martin Heidegger bestimmte Angst als eine Grundbefindlichkeit des Menschen, welche diesem die Unabgeschlossenheit des eigenen Verständnishorizontes zum Gewahrsein bringt und ihn zur Entschlossenheit befähigt.

Die Existenzangst: Dies ist eine allgemeine Erfahrung des Menschen der sich im Laufe seiner Phylogenese weitgehend aus der Verbundenheit mit der Natur gelöst hat. Aus dem damit einhergehenden Verlust an Geborgenheit und den vielen Freiheitsmöglichkeiten ("Schwindel der Freiheit" nach Kierkegaard) resultiert diese Angst.


Wie die Epikureer, bin ich bisher diesem diffusen Angstgefühl mit einer gewissen Gelassenheit begegnet. Die Ablenkungen des Tages liessen sie sowieso eher in den Hintergrund drängen. Da ich nicht gläubig bin, glaube ich nicht, dass Glaube Angst überwinden könnte. Hingegen die Angst vor dem Nichts und die Angst vor der Wahlfreiheit und Selbstverantwortung leuchtet mir schon eher ein. Täglich sind wir gezwungen Entscheidungen zu treffen und jedes mal schwingt eine kleine Angst mit, ob die Entscheidung nun richtig oder falsch war. Je grösser die Entscheidungen, desto grösser die Angst natürlich. Darum versuche ich diesen grossen Entscheidungen wie zum Beispiel, Stellenwechsel, Freundschaften, Standortwahl eher auszuweichen und lasse mich einfach treiben. Ich entscheide nicht, sondern lasse rund um mich entscheiden, es sei denn ich werde dazu gezwungen. Wenn man sich so treiben lässt, taucht bereits eine weitere Angst auf, die Angst vor dem Stillstand. Das sich nichts verändert, dass man stehen bleibt, dass es langweilig wird. Es gibt also genügend Angstpotenzial, welches permanent und irgendwie diffus herumschwirrt.

Allerdings ist neben Gelassenheit auch Humor ein gutes Mittel gegen diese diffuse Angst. In dem man nicht immer alles so tierisch Ernst nimmt und sich vielleicht nicht immer so viele Gedanken macht (wie soeben). Allerdings gelingt das auch nicht immer.
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