November 15, 2014 / erstellt am:  December 30, 2014
Reise, Ferien, Costa Rica, Nicaragua, Lateinamerika

Drei Wochen Pura Vida

Die Reiseführer über Costa Rica, die wir von Bekannten ausgeliehen hatten, haben mich gelangweilt. Darum beschlossen wir sie gar nicht mitzunehmen. Kulturell habe das mittelamerikanische Land nicht viel zu bieten. Sein Reichtum sei in der Natur zu finden. Flora und Fauna seien einzigartig und eine lange Reise wert. Hinzu kommt, dass wir im kalten November noch etwas warmen Sommer nachholen wollten, der 2014 bei uns kaum stattgefunden hatte.

Spätabends kurz vor Mitternacht sind wir am Samstag 15. November 2014 endlich nach einer 20-stündigen Reise im Costa Rica Backpackers in San José eingetroffen. Der Flug von Zürich über Miami (Swiss) nach San José (American Airlines) war lange und mühsam. Vor allem der 4-stündige Aufenthalt in Miami. Warum muss man in die Vereinigten Staaten einreisen und das ganze Einreiseprozedere mit langem Anstehen, Fingerabdruck geben, Befragung und Fotografiert werden über sich ergehen lassen, wenn man doch nur als Transitpassagier weiterreisen will?

(Flug Zürich - Miami - San José ca. 20 Std.) - San José (Backpackers Costa Rica 2 Nächte) - La cruz de Alajuelita (Aussichtspunkt mit Blick über San José) - Vulkan Irazu - (Busfahrt nach Cahuita 4 Std.) - Cahuita (Cabinas Palmer 5 Nächte) - Nationalpark - (Schnorcheln im Korallenriff) - Hone Creek - (Iguanafarm Kéköldi) - Porto Viejo - (Rent a bike bis Manzanillo) - (Horse back riding am Playa Negra in Cahuita) - Playa Blanca - (Busfahrt zurück nach San José 4 Std.) - (mit Mietauto Richtung Pazifik) - (Karaokebar in Puntarenas) - Puntarenas (Hotel Manglamar 1 Nacht) - Rio Tarcoles (mit Krokodilen) - Playa Esterillos - Quepos (Cabinas Esteban 1 Nacht) - Manuel Antonio - Playa Playitas - Dominical (Cabinas Tortilla Flat 1 Nacht) - Punta Uvita - Playa Hermosa (Hotel Vista Hermosa 1 Nacht) - Jaco - Canas - Laguna de Arenal - (Candel Light Diner) - La Fortuna (Cabina Arenal Rossi 1 Nacht) - (Bad im warmen Quellwasser) - San Carlos (oder Ciudad Quesada) - Laguna - (Bizcochos Laguna) - Zarcero (Hotel Zarcero 1 Nacht) - San José (Mietauto retour) - (mit TicaBus nach Nicaragua 9 Std.) - Grenze Penjas Blanca - Managua (Privatunterkunft 1 Nacht) - Vulkan Masaya - (Kutschenfahrt in Granada) - Granada (Hotel Colonial 2 Nächte) - (Inseltour) - (mit TransNica-Bus zurück nach Costa Rica 5 Std.) - Liberia (Bus LaPampa bis Brasilito 2 Std.) - Brasilito (Cabinas Flory 3 Nächte) - Playa Conchal - Playa Flamingo - Matapalo - (Busfahrt zurück nach San José 6 Std.) - San José (Hotel Fleur de Lys 1 Nacht) - (Rückflug über New York ca. 16 Std.)

So habe ich mir das vorgestellt. Entspannt in einer Hängematte liegen, dem Rauschen des Meeres zuhören, um ab und zu das schattige Plätzchen zu verlassen und sich im Meer abzukühlen und um sonst nichts zu tun ausser die Ruhe zu geniessen. So stelle ich mir erholsame Ferien vor. «Pura vida», wie es die Costa Ricaner nennen und ihren unkomplizierten Lebensstil umschreibt, bei dem die Zeit keine Rolle spielt und Zufriedenheit vorherrscht. Auch wenn dieser Ausspruch oft zur abgedroschenen Phrase verkommt, zeugt er dennoch von Lebensfreude und einer entspannten Lebenshaltung.
Zu diesen paradiesischen Zuständen passt auch das typische Bild der Karibik, wie es in Reisekatalogen zu finden ist, mit kilometerlangen, menschenleeren Sandstränden und ins türkisfarbene Meer geneigte Palmen, was in Costa Rica tatsächlich noch zu finden ist. Einzig der wolkenlose, blaue Himmel hat gefehlt, was jedoch angenehm war, weil die Hitze sonst unerträglich geworden wäre. Ende November ist Ende der Regenzeit und so türmten sich oft im Verlaufe des Tages Wolken auf, die sich gegen Abend in heftigen Regengüssen entleerten, was eine gewisse Abkühlung brachte. Der mitgenommene Regenschirm war jedoch öfters als schattenspendenen Sonnenschirm willkommen. Das fröhliche Nichtstun, wie ich es mir erwünscht hatte, begann mich allerdings relativ schnell zu langweilen. Und so trieb mich meine Neugier und mein Tatendrang dazu die Umgebung abseits der Hängematte auszukundschaften (und zu fotografieren).

Durch seinen Ruf, der eher einen quakenden Frosch vermuten lässt, wurden wir aufmerksam. Nur aus weiter Ferne konnten wir ihn im Geäst einer Baumkrone erkennen. Er fällt besonders durch seinen grossen, gelben Schnabel auf. Zu weit weg für meine Kamera. Nach wenigen Minuten fliegt der Tukan wieder davon. So erging es mir oft, wenn ich Tiere in freier Wildbahn fotografieren wollte. Oder die braunen Fellknäuel in den Bäumen waren Faultiere, die nur selten als solche erkennbar waren. Ungeeignet zum Fotografieren. Dankbarer hingegen waren die Kapuzineräffchen, Nasen- und Waschbären, welche im Nationalpark an Touristen gewöhnt sind und trotz Verbot gefüttert und dadurch angelockt werden. Auch Leguane bekam ich oft vor meine Linse. Für die kleinen flinken Kolibris war ich zu langsam. Es sei denn sie ruhten sich irgendwo auf einem Ast aus und ich konnte sie dennoch erkennen. Schlangen entdeckten wir keine oder es stand bereits eine ganze Traube von Touristen rund herum, welche die zum Teil giftigen Reptilien ebenfalls fotografieren wollten. Im schmutzigen aber angeblich fischreichen Wasser des Flusses Tarcoles versammelten sich eine ganze Kolonie Krokodile, welche von einer Brücke aus gut und sicher beobachtet werden konnten. Sie beeindruckten allein schon durch ihre Grösse. Ich vermute ja, dass die Krokodile gefüttert werden, damit sie so schön brav an dieser Stelle verweilen und zu einer weiteren Touristenattraktion werden.

Abgesehen von der ersten Nacht in San José haben wir unsere Unterkünfte nie im voraus gebucht. Ein freies Zimmer zu einem günstigen Preis zu finden, war nie schwierig. Eine Unterkunft kostete zwischen 10 bis 40 Dollar pro Person und war von bescheiden (Cabinas) bis luxuriös (Hotel) ausgestattet. Eine Cabina hatte alles was man zum Übernachten braucht. Ein Dach über dem Kopf, ein weiches Bett und auch eine kalte Dusche war mir lieber als gar keine.

Das Reisen mit dem Mietauto ist natürlich am Komfortabelsten. Auf die Eisenbahn mussten wir verzichten. Ungefähr im Jahr 2000 wurde das Eisenbahnnetz Costa Ricas komplett stillgelegt. Dafür sorgten Überschwemmungen, Erdbeben und politischer Unwille. Vereinzelt sah man noch verlassene Bahnhöfe oder überwucherte Bahngeleise. Um einiges günstiger als ein Mietauto, dafür umso abenteuerlicher sind die Busreisen. Das offizielle Busnetz ist gut ausgebaut, nahezu jede Ortschaft wird angefahren. Die Busse haben kein einheitliches Erscheinungsbild. Sie sind unterschiedlich in Ausstattung und Farbe. Es gibt vollklimatisierte, moderne Überlandbusse und klapprige, einfache Busse. Die Verbindung der beiden Hauptstädte von Costa Rica und Nicaragua, von San José nach Managua, dauert zirka 9 Stunden, wobei man zirka 2 Stunden an der Grenze verbrachte. Man musste aus dem Bus steigen, sein Gepäck in Empfang nehmen, auf einen grossen Tisch stellen und warten. Warten bis ein einzelner Zöllner vorbei kam und flüchtig in die Taschen schaute und man sein Gepäck wieder zum Bus tragen konnte. Eine sinnlose und lächerliche Aktion. Das Einsammeln der Pässe geschah vorher durch einen Busbegleiter, welcher alle übrigen Zollformalitäten erledigte, nachdem man eine Einreisegebühr bezahlt hatte.

Zum Frühstück gibt es in Costa Rica traditionell Gallo Pinto, Reis mit schwarzen Bohnen. Am Mittag und Abend Casado, Reis mit schwarzen Bohnen und Beilagen und an der karibischen Küste gibt es am Sonntag Rice and Beans, Reis mit schwarzen Bohnen gekocht in Kokosmilch. Und dennoch ist die Küche in Costa Rica sehr vielfältig und schmackhaft. Besonders gut schmeckte alles, was frisch aus dem Meer kam. Gut und günstig war das Essen in sogenannten Sodas, die überall zu finden waren. Und als guter Durstlöscher für zwischendurch gab es Kokosnüsse, welche überall wo es Palmen gab, herumlagen oder frisch heruntergeschlagen werden konnten. Eine gute Machete erleichterte das Öffnen von Kokosnüssen. Mit einem Schweizer Sackmesser ging es auch, dauerte einfach etwas länger.

Die Hufe der Pferde lassen das Wasser der Brandung aufspritzen, wenn sie angetrieben durch einen Reiter entlang dem Sandstrand galoppieren. Dass Reiten derart anstrengend ist, hätte ich nicht gedacht. Mein Pferd bemerkte schnell, dass ich noch nie geritten bin und übernahm dementsprechend das Kommando. Durch den Dschungel im Schritttempo oder im Galopp entlang dem Sandstrand.

Sowohl in Costa Rica wie auch in Nicaragua zählen die Vulkane zu den grossen Attraktionen. Dass die meisten davon nicht mehr aktiv sind, erfährt man jedoch erst, wenn man in einen erloschenen Krater blickt und nicht viel mehr als ein riesiges Loch in einem Berg erkennen kann. Wenn ich Vulkan höre, denke ich an brodelndes Wasser, glühende Lavaströme oder feuerwerkartige Eruptionen. Die permanente Gefahr eines unkontrollierten Ausbruchs erhöht den Nervenkitzel. Nur gerade auf dem Vulkan Masaya in Nicaragua stieg etwas schwefliger Rauch aus dem Krater. Dafür war das Bad in den vom Vulkan erwärmten Thermalquellen des Vulkanes Arenal ein wohltuendes Erlebnis.

Auch scheinbar Unscheinbares hat das Zeug dazu zum Highlight des Tages erkoren zu werden. Sei es ein Stromausfall, der uns ein Candle Light Diner bescherte, ein zahmer Papagei der uns am Ohrläppchen knabberte oder der Besuch einer Fabrik in Laguna, wo Bizcochos hergestellt werden. Ein Gebäck welches süss oder salzig in verschiedenen Formen angeboten wird.

Auf allen vieren kniete er am Boden des fahrenden Bootes. Mit einem Tuch trocknete er das Schiff, welches beim Hinausfahren durch die hereinspritzenden Wellen der Brandung im Innern zwischen den Sitzen etwas nass geworden war. Erst als es keine feuchten Stellen mehr gab, die sowieso von der Sonne getrocknet wurden, setzte er sich hin und schaute übers Wasser und dann zu mir. Was er wohl denken mag, der Junge im Boot, der mit seinem Vater jeden Tag Touristen zu den vielen kleinen Inseln im See von Nicaragua führt? In seinen Augen sind wir reiche Touristen, die sich alles leisten können und in einer Welt leben, die ihm fremd ist und wohl immer fremd bleiben wird. Es ist zu hoffen, dass er in die Schule gehen kann. Dass er zumindest schreiben, lesen und rechnen lernen kann. Nicaragua gehört zu den ärmsten Ländern der Welt. 50% der Bevölkerung leben in Armut, welche überall spürbar ist. Theoretisch gibt es eine allgemeine Schulpflicht für den Besuch der sechsjährigen Grundschule. Aufgrund der sozialen Situation fällt es aber vielen Familien schwer, ihren Kindern den Schulbesuch zu ermöglichen.

Auch in Costa Rica, wo wir die letzten Tage verbrachten, habe die Armut angeblich wieder zugenommen, ist aber weniger spürbar wie in Nicaragua. In San José und sogar in Cahuita wurden uns Drogen angeboten und sahen wir einige Drogenabhängige auf der Strasse liegen, was man als Tourist natürlich gerne ausblenden will. Das Schöne und Angenehme soll überwiegen. Und sowohl in Costa Rica wie in Nicaragua gibt es viel Schönes zu sehen und Angenehmes zu erleben. Herzlichen Dank an Luc, Babs, Gerardo, Andreas und Gert für die angenehme Gesellschaft, zuvorkommende Gastfreundschaft und für ein unvergessliches Erlebnis.

Weitere Fotografien sind auf meinem Flickr-Account zu sehen
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