August 30, 2009 / erstellt am:  September 25, 2009
Ferien, Reise, Lissabon, Portugal

Spätsommer im Südwesten Portugals

Eigentlich sollte es eine Reise von Lissabon ausgehend an die Algarve werden. Da uns aber die Westküste so gut gefiel, sind wir gleich die ganzen zwei Wochen mit unserem Mietauto entlang der dünner besiedelten Costa Dourada herumgekurvt. Die ersten drei Nächte in Lissabon waren jedoch fix gebucht, so dass wir diese Hauptstadt am Mündungsfluss Tejo in Ruhe entdecken konnten.

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Im Gepäck den Roman «Nachtzug nach Lissabon» von Pascal Mercier (oder Peter Bieri). Die vielversprechende Ausgangslage der scheinbar abenteurlichen Geschichte fand ich spannend. Ein Lehrer verlässt mitten im Unterricht am Gymnasium Kirchenfeld in Bern (!) seine Klasse und macht sich auf den Weg nach Lissabon, um der Spur eines geheimnisvollen Arztes und Autors Amadeu de Prado zu folgen. Ansonsten wäre ich für philosophische Gedanken durchaus empfänglich, aber trotzdem hat mich die Geschichte nicht wirklich gepackt und weiss nicht genau woran es lag. Waren es die zum Teil schwülstigen und selbstverliebten Textpassagen des fiktiven Autors oder die doch ziemlich spärliche Handlung, die nur schleppend und mit geringer Spannung vor sich hin plätscherte. Spannend hingegen fand ich das nachträgliche Lesen der Rezensionen über das Buch, die von Begeisterung bis gähnende Langeweile reichten.

Vielleicht etwas peinlich zu erwähnen, aber am besten hat mir in Lissabon das Ozeanarium gefallen. Ein wunderschönes Aquarium mit atlantischen Haien, Rochen und anderen Fischen. Amüsant fand ich auch die ratternde Strassenbahn (Linie 28), welche kreuz und quer und vor allem rauf und runter durch die zum Teil engen Gässchen der Altstadt von Lissabon kurvt. Da sich Lissabon über mehrere Hügel erstreckt sind natürlich auch die verschiedenen Aussichtspunkte mit Panoramablick über das Häusermeer und den Tejo faszinierend. Eindrücklich fand ich auch die beiden stark befahrenen Brücken über den breiten Fluss, welche ein permanent brummenden Lärmpegel entlang des Ufers verströmen. Leider war der grosse Platz «Praça do Comércio» wegen Renovierungsarbeiten gesperrt und dadurch wirkte die Stadt etwas amputiert.

Zwar touristisch überbevölkert aber dennoch lohnenswert war der Ausflug nach Sintra zum märchenhaften Schloss «Palacio da Pena» und zu Europas südwestlichsten Kap «Cabo da Roca». Den Abstecher ins Landesinnere durch das Weinanbaugebiet Alentejo nach Evora konnte uns nur mässig begeistern, so dass wir nach einer Übernachtung gleich wieder an die Küste zurück fuhren. Auf dem Weg besuchten wir immer wieder einige maurische Burgen, Festungen, Kirchen oder andere Sehenswürdigkeiten, die unsere Reiseführer beschrieben.

Trotz angeblich wirtschaftlichem Aufschwung bemerkt man, dass vor allem in ländlichen Gegenden Portugal doch zu den ärmeren Regionen Europas gehört. Man sieht viele baufällige Häuser, die vor sich hin verlottern oder zum Verkauf angeboten werden. Obwohl zum Beispiel die Ortschaft Zambujeira de Baixo gross an der Hauptstrasse ausgeschildert war, trafen wir nach halbstündiger Fahrt auf staubiger Kiesstrasse nur auf ein paar marode Steinhäuser und weit und breit kein Anzeichen von zivilisiertem Leben. Gepaart mit dem heissen Klima mit monatelanger Trockenperiode kann man das sehnsüchtige und melancholische Lebensgefühl der Portugiesen namens «Saudade» verstehen.

Wunderbar und absolut empfehlenswert waren hingegen die Strände entlang der Westküste. Zum Teil eingerahmt von hohen Felsen (Costa Vicentina) oder über kilometerlange Weiten (Costa da Galé) lagen die feinen Sandstrände am etwas kühleren aber stets wellenreichen Atlantik - ein Paradies für Wellenreiter und Surfer. Dank einem ausgedehnten Naturschutzgebiet mit alten Kiefern, Agaven und Korkeichen entlang der Dünen und felsigen Küste war es in der Vergangenheit nicht möglich die Region mit hässlichen Hotelbunkern und touristischen Appartements-Siedlungen zu verbauen. So wirken die kleinen Ortschaften wie Zambujeira do Mar, Odeceixe oder Carrapateira ursprünglich und überschaubar. Als gestehender Romantiker waren natürlich die allabendlichen Sonnenuntergänge am Strand oder auf den zerklüfteten Felsklippen ein berührendes Erlebnis. Nach dem Sonnenuntergang wurde es jeweils schnell dunkel und kühl.

Eher enttäuschend war der südwestlichste Punkt Portugals mit dem Cabo de Sao Vicente und der eher hässlichen Ortschaft Sagres. Zum Glück fanden wir dann aber noch die kleine Ortschaft Salema, welches unser einziger Aufenthalt an der südlichen Algarve werden sollte. Obwohl ich mich nach zwei Wochen nach Teigwaren sehnte, hat Portugal neben viel Fisch- und Fleischgerichten einiges zu bieten, was wir auf den zum Teil nur portugiesisch angeschriebenen Speisekarten nur schwer herausfinden konnten. Allgemein sind wir vielen Leuten begegnet, die nur Portugiesisch sprechen konnten, jedoch sehr hilfsbereit waren und wir uns immer irgendwie mit Englisch, Französisch und zum Teil sogar Deutsch verständigen konnten. Die einzigen Portugiesischen Wörter die mir bleiben werden sind «Obrigada» für Danke und «De nada» für Bitte. Am witzigsten war die Begegnung zweier einheimischer Frauen in Vila do Bispo, die unbedingt von uns fotografiert werden wollten. Der Versuch der alten Mutter ihre eher hässliche Tochter zu verkuppeln war reine Interpretation unsererseits.

Spannend war jeweils an einem neuen Ort sich einen Überblick zu verschaffen, was sich wo befindet und wo es sich lohnt eine Unterkunft zu finden. Die Preise schwankten von privaten Zimmern (Carrapateira, Odeceixe) über Pensionen (Cascais, Evora, Zambujeira), einfachen Hotels (Milfontes, Salema) bis zum Luxushotel (letzte Nacht in Lissabon) zwischen 25 und 85 Euro, kosteten aber durchschnittlich ca. 50 Euro pro Zimmer und Nacht. Meistens war es recht einfach etwas zu finden. Nur zwei oder drei mal war bereits alles ausgebucht. Am schwierigsten war es für die letzte Nacht in Lissabon etwas zu finden, da wir nicht ins Zentrum fahren, sondern in der Nähe des Flughafens bleiben wollten.

Die zwei sommerlichen Ferienwochen in Portugal (meistens um die 30 Grad) gingen viel zu schnell vorbei und wahrscheinlich gäbe es noch vieles zu entdecken.

Reiseroute:
Lissabon 3 Nächte
Queluz (Palacio de Queluz, königliche Residenz)
Sintra (Palacio da Pena in schönem Park)
Cabo da Roca (südwestlichstes Kap Europas)
Cascais 1 Nacht (portugiesische Riviera)
Evora 1 Nacht (Capela dos Ossos)
Santiago do Cacém (Burg mit Friedhof)
Porto Covo (kleiner Touristen-Ort am Meer)
Milfontes 2 Nächte (am Rio Mira gelegener Küstenort)
Odemira (eher unbedeutender Ort im Landesinnern)
Zambujeira do Mar 1 Nacht (überschaubarer, gepflegter Küstenort)
Sao Teotonio (grosser Markt)
Aljezur (maurisches Castelo mit Aussicht)
Carrapateira 1 Nacht (angeblich beliebt bei den Hippies in den 70er Jahren)
Vila do Bispo (unscheinbarer Ort zwischen den Küsten)
Sagres (hässlicher Ort mit alter Felsenfestung)
Cabo de Sao Vicente (südwestlichster Leuchtturm)
Salema 1 Nacht (Fischerdorf mit kleinem Sandstrand)
Lagos (mit Stadtmauer umringte Altstadt)
Odeceixe 2 Nächte (kleiner Ort mit wunderbarem Strand)
Sines (etwas baufällige Hafenstadt)
Santo André (kilometerlanger Sandstrand)
Grandola (Kaffeepause auf dem Weg zur Autobahn)
Lissabon 1 Nacht


30.08.2009 / Fotogalerie Portugal
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