November 13, 2017 / erstellt am:  December 1, 2017
Gedanken, Sucht, Verzicht, Befreiung

Beginnen aufzuhören (Gedanken zu einem weiteren Mal)

06.11.2017: Meine Erfolgschancen liegen nur bei 3 - 5 Prozent, las ich auf verschiedenen Websites zum Thema Raucherstopp.

Überall lese ich Argumente für das Nichtrauchen und ärgere mich, weil es beim Rauchen eben nicht um vernunftsmässige Argumente geht sondern um eine irrationale Sucht, die nicht mit Argumenten zu bekämpfen ist. Es ist jedem klar, dass Rauchen ungesund ist, stinkt und viel Geld kostet. Und dennoch greifen einige täglich zur Zigarette. Weil sie eben süchtig sind. Für einen Nichtraucher, der noch nie geraucht hat, ist das schwer nachvollziehbar. Er scheint Suchtverhalten nicht zu kennen. Um so nerviger, wenn ein solcher Nichtraucher mich mit Argumenten davon überzeugen will mit dem Rauchen aufzuhören. Ich hasse ihn regelrecht, weil ich weiss, dass er Recht hat.

Sich diese irrationale Sucht als Monster oder kleines Teufelchen vorzustellen finde ich ganz passend. Das kleine Teufelchen ist übrigens der Freund vom inneren Schweinehund. Während der innere Schweinehund eher zur Trägheit neigt, ist das Teufelchen ziemlich aktiv, in dem es versucht, meine Gedanken zu beeinflussen.

07.11.2017: Nirgends finde ich einen Erfahrungsbericht zu den psychischen Entzugserscheinungen. Sucht ist irrational. Das heisst mit dem Verstand und mit Worten nicht eindeutig erklärbar. Genau so ist es mit den psychischen Entzugserscheinungen beim Rauchstopp. Sie sind mit dem Verstand nicht richtig fassbar und dennoch will ich versuchen sie in Worte zu fassen.

Ich will eine Zigarette rauchen, obwohl ich weiss, wenn ich ganz ehrlich zu mir selber bin, dass sie mir eigentlich gar nicht schmeckt. Der erste Zug schmeckt vielleicht noch gut, aber was danach kommt, schmeckt nicht mehr.

08.11.2017: Das Verlangen nach einer Zigarette ist enorm. Vor allem am Morgen nach dem Aufstehen, wenn ich zusammen mit einem warmen Kaffee den kalten Balkon betrete, frische Luft einatme und mir dann die erste Zigarette des Tages anzündete. Oder die Zigarette jeweils nach dem Essen, oder wenn ich irgend eine Arbeit beendet habe. Die Belohnungszigarette. Es sind alles Momente, die mir nun fehlen. Und dieses Fehlen nehme ich als Verlust war, statt als Bereicherung oder Befreiung von der Sucht Zigaretten zu rauchen.

Noch spüre ich nichts, dass sich meine Lebensqualität verbessert hätte. (Ein Gedanke, der bestimmt vom Teufelchen beeinflusst ist)

Wie machen sich die Entzugserscheinungen bei mir bemerkbar? Also zuerst einmal denke ich permanent an Zigaretten. Ich kann kaum noch an etwas anderes denken. Ziemlich bescheuert. Darum versuche ich alles aufzuschreiben, was mir zur Zeit durch den Kopf geht. Wenn ich schreibe, kann ich nicht rauchen. Und dann habe ich das Gefühl, dass vor allem mein Zahnfleisch nach Nikotin ruft. Darum putze ich mir die Zähne zur Zeit etwas häufiger oder trinke einen Schluck Wasser, wenn ich das Gefühl habe etwas tun zu müssen. Ich fühle mich unruhig. Auch etwas grundlos ängstlich. Oder bilde ich mir das nur ein?

10.11.2017: Heute hätte ich auf der Strasse beinahe jemanden angesprochen und um eine Zigarette gebeten. Nur eine. Zum Schauen, wie es ist. Konnte mich dann aber nicht dazu durchringen. Zum Glück. War wirklich eine dumme Idee.

Ich habe keine Freude mehr am Leben, weil ich mir auch noch die letzte Freude verbiete. Warum sich quälen? Warum nicht einfach das Leben geniessen? Warum unglücklich sein? Ich komme mir dumm vor, weil all diese Gedanken vernünftig betrachtet eben ziemlich dumm sind.
Raucher sind dumm.

17.11.2017: Meine Beweggründe aufzuhören sind in erster Linie finanzieller Art. Eine Packung Zigaretten kostet heute CHF 8.50, das macht bei einer Packung pro Tag CHF 59.50 pro Woche, CHF 255.- pro Monat und CHF 3060.- pro Jahr. Definitiv zu viel. Der gesundheitliche Aspekt kommt bei mir erst an dritter Stelle. Zuvor kommt noch der unangenehme Gestank in den Kleidern und aus dem Mund. Raucher stinken.

Der gesundheitliche Aspekt wird immer an erster Stelle erwähnt, was mich total nervt. Es ist mir egal, ob ich 10 Jahre früher oder später sterbe. Manchmal wünschte ich mir sogar einen früheren Tod, weil ich das Alter allgemein als eher schwierigen Lebensabschnitt betrachte. Hirnschlag oder Herzinfarkt scheinen mir sogar eher angenehme Varianten. Kurz und bündig. Andere Todesursachen geben mir schon eher zu denken. Lungenkrebs, verursacht durch die Qualmerei, stelle ich mir qualvoll vor. Ein langsames schmerzvolles Dahinserbeln bis der Körper sich dem Krebs ergibt.

27.11.2017: Heute gehe ich am Morgen auf den Balkon und atme bewusst zehn Mal tief ein und aus (ohne Zigarette).

Diesmal habe ich es niemandem erzählt, sondern einfach damit begonnen aufzuhören. Ich habe mir auch nicht ein besonderes Datum ausgewählt. Sondern einfach relativ spontan entschieden: So, ab jetzt ist Schluss damit.

01.12.2017: Am 5. Dezember 2017 wird es einen Monat her sein, dass ich meine letzte Zigarette angezündet habe. Das Teufelchen in mir hat sich etwas beruhigt und schreit nicht mehr so laut und nicht mehr so oft nach Nikotin. Und wenn, dann weiss ich, was zu tun ist, weil ich weiss, dass diese Momente auch wieder vorbei gehen. Aber noch bin ich lange nicht über dem Berg. Ich hatte zum Beispiel noch keine echte Stresssituation zu bewältigen.  Hingegen Andere beim Rauchen zuzusehen macht mir nichts aus. Sie tun mir leid, weil sie immer noch von ihrer Sucht gefangen sind. 
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