July 6, 2013 / erstellt am:  August 18, 2013
Fotografie, Dokumentation, Bildbetrachtung / Bewertung: 9

Lederfresse

Alles was sie sagt, ist wahr und verletzend. Die Vernunft hat immer Recht. Sie spricht zu viel. Ihre Sätze bohren sich wie ein Messer in seine Wunden. Den Mund verkleben, die Fresse stopfen, zum Schweigen bringen. Es ist doch nur ein Spiel mit Täter und Opfer. Ins Gesicht gedrückt mit dem Ziel das Opfer der Lächerlichkeit preiszugeben.

Die süsse Eiweissmasse bleibt im Gesicht kleben und hinterlässt mit seiner weissen Farbe und den braunen Schokoladesplittern sichtbare Spuren. Ins Gesicht gedrückt wird der Mohrenkopf zum Schokokuss. Ein süsser Schmatzer leidenschaftlich auf die Lippen gepresst als Zeichen der Zuneigung. Unsere österreichischen Nachbarn nennen dieses Schokoding übrigens Schwedenbombe und empfinden nichts Rassistisches dabei.

Er nennt sich Schriftsteller, wartet auf seinen Durchbruch und hat sich vom letzten Geld seiner Freundin eine Kettensäge gekauft. Er sucht den Ausbruch aus dem Normalen und bereitet sich sorgsam auf die Imitation seiner Filmikone «Leatherface» aus dem Film «The Texas Chain Saw Massacre» vor. Ein Spiel, ein Kick für ihn allein in der Hoffnung auf Inspiration. Alles ist perfekt, wäre da nicht die zu früh heimkehrende Freundin, die soeben ihren Job als Kellnerin verloren hat. Sie ist entsetzt als sie ihn erblickte. Ihr Schrecken mündet in Streit und schließlich in ein absurd bizarres Spiel. Die lautstarke Auseinandersetzung zwischen den beiden ruft den Nachbarn auf den Plan, der sich über den Krach beschwert und die Polizei alarmiert. Lederfresse verwehrt mittels der Kettensäge den Polizisten den Zugang zu seiner Wohnung, das Haus wird umstellt, da die Polizei annimmt, er halte die Frau gewaltsam fest. Inzwischen hat sich das Paar jedoch wieder versöhnt und nutzt die ungewohnte Situation aus. In einem simulierten Erpresserspiel fordern die beiden Bier, das von der Polizei auch prompt gebracht wird. Nach und nach wird aus dem Spiel blutiger Ernst, das sinnlose Ende ist vorprogrammiert.

Gesehen in einer freien Interpretation am 6. Juli 2013 während der Theaternacht der Hochschule der Künste in Bern mit Steffen Link und Jessy Schultheis.
<<