May 23, 2014 / erstellt am:  May 28, 2014
Fotografie, Theater, Bühne / Bewertung: 9

Die visuelle Kraft modernen Theaters

Eigentlich mag ich modernes Theater nicht. Ich langweile mich, wenn ich nicht verstehe worum es geht, fühle mich ausgeschlossen und vermute sogar, dass mit Absicht für Verwirrung gesorgt wird. Wer zugibt, dieses elitäre Gerede nicht zu verstehen, ist ein Banause.

Jedoch liebe ich modernes Theater, wenn es darum geht das Geschehen auf der Bühne zu fotografieren. Auf der Hut nach Momenten, die starke Bilder ergeben könnten, verfolge ich das Geschehen aufmerksam. Dabei folge ich weniger dem Gesprochenen sondern konzentriere mich nur auf das Visuelle. Je absurder und wilder desto besser. Und gerade Schauspielschüler und Schauspielschülerinnen lieben es bunt zu treiben. Da wird geschrien, gestöhnt, geweint, herumgerannt, gekämpft, gestritten, mit Wasser gespritzt, im Dreck gesuhlt und immer wieder die Kleider vom Körper gerissen. Durch die schwierigen Lichtverhältnisse und die schnellen Bewegungen entsteht viel Ausschuss. Schnelle Bewegungen erfordern eine kurze Belichtungszeit, dunkle Verhältnisse jedoch eine offene Blende, was sich widerspricht. Den ISO-Wert zu erhöhen, verschlechtert die Bildqualität. Erst im Nachhinein kann ich in aller Ruhe die gewünschte Auswahl treffen. Qualität vor Quantität. Nur gestochen scharfe Aufnahmen lasse ich gelten. Es sei denn, die Bewegungsunschärfe hat ihren eigenen Reiz.

Es geht nicht darum mit Bildern die Geschichte nacherzählen zu wollen. Sondern es geht einzig und allein darum interessante Aufnahmen zu erzeugen. Gut möglich, dass in der Serie neue Geschichten entstehen, wie sie gar nicht erzählt wurden. Was interessante Bilder sind, ist eine subjektive Beurteilung. Oft sind rein formale Aspekte entscheidend. Dadurch verlieren die Fotografien ihren dokumentarischen Charakter und werden zum eigenständigen Bild. Aus dem Abbild wird ein Bild.

Ich habe übrigens einiges verstanden und mich keine Sekunde gelangweilt an der Theaternacht der Hochschule der Künste in Bern am 23. Mai 2014. Noch der abstrusesten Performance konnte ich so etwas abgewinnen.

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