March 10, 2017 / erstellt am:  March 11, 2017
Grafik, Gestaltung, visuelle Kommunikation, Wettbewerb, Plakat / Bewertung: 7

Was wäre wenn?

Was wäre wenn es Pepita nicht mehr geben würde? Es würde etwas fehlen. Pepita gibt es seit 1949 und ist eine kohlensäurehaltige Grapefruit-Limonade. Das Erfrischungsgetränk zählt zum kulinarischen Erbe der Schweiz und gehört dem Familienunternehmen Mineralquelle Eptingen (wie auf Wikipedia zu lesen ist).

Bereits 1938 beginnt die Mineralquelle Eptingen mit der Produktion einer Limonade mit Grapefruitaroma und nennt diese Sissa-Grapefruit (da die Abfüllanlage in Sissach stand). Der Basler Grafiker Herbert Leupin entwirft 1949 eine neue Etikette und erfindet den Namen Pepita mit dem dazugehörigen Ara als Logo. Danach entwarf er auch zahlreiche Plakate für die Mineralquelle Eptingen, die massgeblich zur Verbreitung und Beliebtheit des Schweizer Kultgetränkes beitrugen. Herbert Leupin wäre am 20. Dezember 2016 100 Jahre alt geworden. Dies nimmt die Mineralquelle Eptingen zum Anlass einen Plakatwettbewerb auszuschreiben. Das Plakat soll die Frage «Was wäre wenn?» beantworten und sich an den bekannten Schweizer Werbekünstler anlehnen, ohne den heutigen Zeitgeist zu vergessen, wie es in der Ausschreibung steht.

Auf meinem Plakatentwurf ist nur eine leere Schaukel zu sehen, wie sie auch Herbert Leupin auf einem Plakat verwendete. Es ist offensichtlich, dass hier etwas fehlt. Wenn man aber den Namen Pepita liest, weiss der Betrachter sofort, was hier fehlt, weil er sich an das Original erinnert (Wiedererkennungswert). Mit dem fehlenden Papagei fehlt aber nicht nur die Farbe Rot, es schwingt auch die Frage mit «was wäre wenn es Pepita nicht mehr geben würde?». Es würde etwas fehlen, ist die Antwort, die sich also weniger auf den fehlenden Papagei bezieht, sondern mehr auf das fehlende Pepita insgesamt. Nebenbei kommt hinzu, dass Herbert Leupin 1999 gestorben ist, und man somit das Fehlen auch ein wenig auf ihn beziehen kann. Auch wenn die Plakate von Herbert Leupin nicht mehr dem heutigen Zeitgeist entsprechen, fehlen prägnante Plakate, wie es seine Plakate zu seiner Zeit waren.

Das Spiel mit der Nah- und Fernwirkung eines Plakates finde ich besonders reizvoll, weil es eine weitere Bedeutungsebene hinzufügen kann. Bei meinem Entwurf soll keine weitere Bedeutungsebene hinzukommen, sondern die vorhandene Botschaft verstärken. Aus der Nähe betrachtet ist unten rechts relativ klein eine Pepita-Flasche zu sehen. Wer Pepita überhaupt nicht kennt, weiss jetzt, dass es sich um ein Süssgetränk handeln muss. Selbstverständlich fehlt auch auf der Etikette dieser Pepita-Flasche der bunte Vogel.

Das Gesamtlayout und die Auswahl der Schriften und Farben erinnert an das alte Plakat von Herbert Leupin, aber auch an aktuelle Werbeplakate und an die Originaletikette von Pepita. Auf zusätzliche Elemente habe ich verzichtet um das Plakat nicht zu überfrachten und nicht von der Hauptbotschaft abzulenken. Nimmt man auf der Originaletikette den Papagei weg, bleibt nur noch der gelblich runde Verlauf im Hintergrund übrig, welcher einerseits an eine tropische Sonne erinnert und andererseits bei meinem Entwurf die Aufmerksamkeit erst recht auf das Fehlende lenkt.

Das Spiel mit bestehenden Elementen würde ich durchaus als heutigen Zeitgeist betrachten, da die Gestaltung mit entsprechenden Computerprogrammen dies ermöglicht oder vereinfacht. Aber auch den Mut kritische Fragen zu stellen und radikale Ansätze zu verfolgen, gehören zum heutigen Zeitgeist. Noch radikaler wäre es sämtliche Schrift abgesehen vom Pepita-Logo wegzulassen. Allerdings glaube ich nicht, dass sich jemand auf der Strasse die Zeit nehmen würde, sich länger darüber Gedanken zu machen, was dieses Plakat aussagen soll. Und Plakate sind nun einmal für den Strassenaushang und nicht nur für Grafikausstellungen gedacht.

Meine Chancen bei diesem Plakatwettbewerb zu gewinnen sind gering, da ich vermute, dass auch andere auf diese Idee gekommen sind. Bereits das Ausschreibungsplakat für den Wettbewerb weisst darauf hin. Es kann auch sein, dass diese Version zu kompliziert ist, weil man zu viel nachdenken muss. Der Gedanke, dass es Pepita nicht mehr geben könnte, wird vielleicht als zu negativ erachtet. Den Papagei mit einem anderen Tier zu ersetzen, wäre eine andere jedoch belanglosere Möglichkeit. Klar ist auch, dass die Jury eher ein Plakat erwartet, welches die Frage «Was wäre wenn Herbert Leupin heute noch leben würde?» und somit «Wie würde ein Plakat von Herbert Leupin 2017 aussehen?» beantwortet.
Es geht mir nicht darum zu gewinnen. Vor allem die erneute Auseinandersetzung mit visueller Kommunikation, hat mir Spass gemacht und ich bin gespannt, welches Plakat gewinnen wird.

Nachtrag: 16. März 2017
Bei meinem zweiten Plakatentwurf geht es um den Wiedererkennungswert. Einerseits der Marke Pepita und andererseits von den Plakaten von Herbert Leupin. Erkennt man auf den ersten Blick die Marke Pepita an Hand des Papageien und des Schriftzuges «Prosit», der sich natürlich an den Schriftzug von Pepita anlehnt? Ältere Semester werden sich noch an die Plakate von Herbert Leupin erinnern und daher den Bezug zu Pepita sofort herstellen können. Für Jüngere wird der Name Pepita im Beitext erwähnt, allerdings nur sehr klein und aus der Nähe lesbar, was natürlich beabsichtigt ist um wiederum ein Spiel mit der Nah- und Fernwirkung des Plakates erreichen zu können.
Warum nicht mit Pepita anstossen zum Beispiel bei einem Geburtstag? Dadurch wird das Getränk zu etwas Besonderem. Insofern habe ich den 100-jährigen Geburtstag von Herbert Leupin zum Anlass genommen um mit Pepita anzustossen.

Warum noch einen zweiten Entwurf: Weniger radikal, gefälliger, bunter.
Wirkt eher retro statt heutiger Zeitgeist. Aber retro ist eben auch heutiger Zeitgeist.

Nachtrag: 11. April 2017
Das Gewinnerplakat
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